Mordprozess gegen zwei Brüder nach brutaler Tötung von Schwester in Berlin begonnen
Nach der brutalen Tötung ihrer Schwester hat ein Berliner Mordprozess gegen zwei Brüder mit einem Streit um den Dolmetscher begonnen. Die Verteidiger der afghanischstämmigen Angeklagten beantragten am Mittwoch vor dem Landgericht einen neuen Dolmetscher, weil der bestellte Übersetzer nicht für die afghanische Sprache Dari beeidigt sei. Die beiden Männer sollen ihre Schwester im Juli vergangenen Jahres brutal ermordet und die Leiche in einem Rollkoffer mit dem Zug von Berlin nach Bayern gebracht haben.
Der Dolmetscher führte zu den Vorwürfen der Verteidiger aus, dass er selbst elf Jahre lang in Afghanistan gelebt habe und Dari eine Mundart von Farsi sei – er verglich die Unterschiede mit den Differenzen zwischen deutschen Dialekten. Das Gericht zog sich noch vor der Verlesung der Anklageschrift für eine Stunde zurück, um über den Antrag der Verteidigung zu beraten.
Die Staatsanwaltschaft wirft den 23 und 27 Jahre alten Angeklagten vor, das Verbrechen im vergangenen Sommer vor dem Hintergrund "archaischer Ehr- und Moralvorstellungen" begangen zu haben. Die Schwester wandte sich nach Erkenntnissen der Anklagebehörde einem "westlich orientierten Lebensstil" zu. Die Verteidigung des jüngeren Angeklagten gab an, auf Freispruch plädieren zu wollen. Dieser werde sich zudem zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern, hieß es.
Die Verteidigung kritisierte zudem, es habe zu keinem Zeitpunkt eine Unschuldsvermutung gegenüber den Männern gegeben. Bereits im August habe die damalige Berliner SPD-Spitzenkandidatin und heutige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von einem "Ehrenmord" gesprochen, auch die damalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) habe sich zu dem Fall geäußert und ihn einen "Femizid" genannt. Demnach behält die Verteidigung sich vor, beide in den Zeugenstand zu rufen.
Außerdem kündigte die Verteidigung an, in einem weiteren Antrag die Besetzung der Nebenklage zu beanstanden: Die 10 und 14 Jahre alten Kinder der getöteten Frau werden von Berlins Opferbeauftragtem Roland Weber vertreten. Damit sei der Staat in dem Prozess mit der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage gleich zweimal vertreten, kritisierten die Verteidiger. Für den Prozess wegen gemeinschaftlichen Mordes sind Verhandlungstermine bis August angesetzt.
L.Gschwend--MP