Steinmeier mahnt bei Besuch in Auschwitz zu Mäßigung in Asyldebatte
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts der Debatte um eine Verschärfung des Asylrechts zur Mäßigung gemahnt. Bei einem Besuch in der Gedenkstätte Auschwitz sagte Steinmeier am Montag, ein Ort wie das frühere NS-Vernichtungslager lehre, "mit den Erfahrungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sorgsam umzugehen". Steinmeier riet dazu, sich "immer wieder zu versichern, dass das Grundgesetz eine Antwort darauf gesucht und gefunden hat".
Der Bundespräsident fügte hinzu: "Diese Antwort ist eine, die sich verkörpert in Artikel 1 des Grundgesetzes, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist". Steinmeier äußerte sich auf eine Journalistenfrage zu seiner Einschätzung der deutschen Asyldebatte.
Auschwitz stehe "für die Monstrosität eines beispiellosen Menschheitsverbrechens", sagte Steinmeier weiter. "Ich als Bundespräsident bin dankbar, dass ich hier und heute gemeinsam mit Überlebenden, gemeinsam mit Repräsentanten aus vielen Staaten gedenken kann."
Der Bundespräsident rief dazu auf, die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten in Erinnerung zu behalten. Viele Zeitzeugen seien bereits gestorben, "wir vermissen sie", sagte Steinmeier. "Was Zeitzeugen zu sagen haben, ist von unschätzbarem Wert", füge er hinzu. "Aber es ist jetzt an uns, ihre Mahnungen, ihre Erwartungen an die nächsten Generationen weiterzureichen." Für Deutschland könne er sagen: "Wir vergessen nicht."
Steinmeier wies in Auschwitz auch auf den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland hin und mahnte: "Nichts zeigt deutlicher, dass Erinnerung kein Ende kennt und Verantwortung keinen Schlussstrich." Mit Unverständnis reagierte der Bundespräsident auf jüngste Äußerungen von US-Milliardär Elon Musk, der den Deutschen riet, sich weniger mit der Vergangenheit zu beschäftigen: "Wer immer glaubt, man könne einen Schlussstrich darunter machen, dem empfehle ich, lieber hierher zu kommen und mit den Überlebenden zu sprechen", sagt Steinmeier.
Am Mittag war Steinmeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des deutschen NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau an der Gedenkstätte eingetroffen. Nach einem Rundgang durch das so genannte Stammlager Auschwitz I kam er zu einem Gespräch mit polnischen und deutschen Auschwitz-Überlebenden zusammen.
Als Gäste des Bundespräsidenten waren die Holocaust-Überlebenden Pavel Taussig und Christian Pfeil mit dem Regierungsflugzeug von Berlin nach Polen gereist. Zu der zentralen Gedenkveranstaltung haben sich rund 50 hochbetagte Auschwitz-Überlebende angemeldet.
An der Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag der Befreiung vor fünf Jahren hatten noch mehr als hundert Auschwitz-Überlebende teilgenommen. Die Zahl der Überlebenden sinkt stetig.
Die Nazis hatten im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau im besetzten Polen zwischen 1940 und 1945 etwa eine Million europäische Jüdinnen und Juden ermordet. Das Lager steht wie kein zweites für den Massenmord an den Juden durch das deutsche NS-Regime.
T.Murphy--MP