

Nach Fehler bei Zwangsversteigerung: Brandenburger Hausdrama wird neu aufgerollt
Der Fall einer Familie aus dem brandenburgischen Rangsdorf, die wegen eines Behördenfehlers bei der Zwangsversteigerung ihr Haus verlieren sollte, wird nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe vom Freitag teilweise neu aufgerollt. Zwar ist klar, dass das Grundstück dem ursprünglichen Eigentümer gehört, er kann die Herausgabe verlangen. Aber die Familie muss das Haus nicht abreißen. (Az. V ZR 153/23)
Auch die Grundschuld muss nicht gelöscht werden. Die Familie kann außerdem verlangen, dass ihr die Wertsteigerung des Grundstücks erstattet wird, die durch ihren Hausbau entstand. Die Höhe der Summe ist dabei begrenzt auf die Höhe ihrer Investition - um wie viel Geld es genau geht, soll nun das Oberlandesgericht (OLG) in Brandenburg an der Havel herausfinden. Dorthin verwies der BGH den Fall zurück.
Der Rechtsstreit zieht sich seit Jahren. Das tausend Quadratmeter große Grundstück in Rangsdorf südlich von Berlin wurde 1993 an einen US-Bürger vererbt, nachdem dessen Großtante gestorben war. Der Erbe lebt nicht in Deutschland. Da auf dem Grundstück noch Schulden lasteten, wurde ab 2008 die Zwangsversteigerung betrieben. Der Eigentümer wusste davon aber nichts, denn das Amtsgericht Luckenwalde gab ihm nicht Bescheid. Es benachrichtigte lediglich einen Rechtsanwalt als Vertreter, weil der Aufenthaltsort des US-Bürgers nicht bekannt sei.
Im Jahr 2010 erhielt ein Paar mit zwei Kindern den Zuschlag und ersteigerte so das Grundstück. Die Familie ließ das Wochenendhaus, das dort stand, abreißen und baute sich ein Wohnhaus. Sie nahm dafür 280.000 Euro als Kredit auf. Im August 2012 zog sie ein.
Als er von der Zwangsversteigerung erfuhr, zog der US-Bürger vor Gericht und beantragte, den Zuschlag wieder aufzuheben. Damit hatte er 2014 Erfolg. Das Landgericht Potsdam erklärte, dass das Amtsgericht nach dem Eigentümer hätte suchen müssen - immerhin stand er im Grundbuch, und das Finanzamt habe eine Adresse von ihm gehabt. Der Zuschlagsbeschluss wurde aufgehoben und diese Entscheidung ist rechtskräftig, wie der BGH nun erneut bestätigte.
Eine Klage der Familie in Potsdam und eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe hatten keinen Erfolg. 2020 sprach das Landgericht dem Eigentümer außerdem eine Summe von 28.000 Euro zu, weil die Familie das Grundstück über Jahre nutzte. Im Juni 2023 schließlich entschied das OLG, dass diese Summe zwar auf 6000 Euro reduziert wird. Die Familie müsse aber innerhalb eines Jahres wegziehen und ihr Haus abreißen lassen. Das Urteil machte bundesweit Schlagzeilen.
Auf die Revision der Familie hin beschäftigte sich der BGH mit dem Fall und überprüfte das Urteil. Er sah nun einiges anders als das OLG und änderte auch seine eigene jahrzehntelange Rechtsprechung.
Diese sah nämlich vor, dass in einem solchen Fall nur Investitionen ersetzt werden, welche die Sache - hier das Grundstück - nicht grundlegend verändern. Kosten für den Hausbau, wenn der eigentliche Eigentümer dort gar kein Haus will, konnten demnach nicht ersetzt werden. Eine solche Auslegung würde aber "überaus harte, in der Sache nicht gerechtfertigte Ergebnisse" bringen, wie die Vorsitzende Richterin Bettina Brückner ausführte.
Die Familie handelte ja gutgläubig. Sie wusste nicht, dass das Grundstück einen anderen Eigentümer hatte. Dem BGH zufolge ist es dem Eigentümer zuzumuten, Kosten zu ersetzen, wenn das Grundstück durch die Investition einen höheren Wert hat.
T.Gruber--MP