Münchener Post - Nach Gletscherbruch in Italien schwierige Suche nach Verschütteten

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Nach Gletscherbruch in Italien schwierige Suche nach Verschütteten

Nach Gletscherbruch in Italien schwierige Suche nach Verschütteten

Nach dem Gletscherbruch in Italien haben zahlreiche Einsatzkräfte am Montag weiter nach Verschütteten gesucht. Für die Suche nach möglichen Überlebenden kamen Drohnen mit Wärmebildkameras zum Einsatz, wie der Bürgermeister von Canazei, Giovanni Bernard, der Nachrichtenagentur AFP sagte. Bei dem Unglück vom Vortag waren mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen und acht weitere verletzt worden, unter ihnen zwei Deutsche. Der Zustand des 67-Jährigen und der 58-Jährigen war ernst.

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Die Chancen, noch Überlebende zu finden, lägen bei "fast null", sagte Giorgio Gajer von der Bergrettung der italienischen Nachrichtenagentur AGI. Angesichts der Autos auf dem nahegelegenen Parkplatz rechnete Trients Chef-Staatsanwalt Sandro Raimondi mit einer Verdopplung oder Verdreifachung der Opferzahl, wie er dem "Corriere della Sera" sagte.

Nach Rekordtemperaturen in dem Gebiet war am Sonntagnachmittag ein Teil des Marmolata-Gletschers abgebrochen, so dass eine Lawine aus Schnee, Eis und Gestein niederging. Mindestens sechs Menschen starben, mindestens acht weitere wurden verletzt. Laut italienischer Nachrichtenagentur Ansa waren mindestens drei Italiener und ein Tscheche unter den Opern.

Zu den acht geborgenen Verletzten zählten ein 67 Jahre alter Deutscher und eine 58-Jährige Deutsche, die beide in ein Krankenhaus in Belluno eingeliefert wurden. Der Mann wurde den Angaben zufolge intensivmedizinisch behandelt, die deutsche Frau stehe unter "intensiver Beobachtung", teilten die Gesundheitsbehörden der Region Venetien mit. Ob die beiden verletzten Deutschen überleben, sei ungewiss.

Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte zwei verletzte deutsche Staatsangehörige. Vize-Sprecher Christian Wagner hob zugleich hervor, dass die Bergungsarbeiten noch andauerten und die Identifizierung bereits geborgener Todesopfer und Verletzter noch nicht abgeschlossen sei.

Gino Comelli vom Alpenrettungsdienst beschrieb im "Corriere della Sera" die Wucht der Naturkatastrophe: "Wir haben zerfetzte Leichen gefunden in einem formlosen Strom aus Eis und Geröll, der sich über tausend Meter erstreckte."

Stefano Dal Moro, der in der Nähe gewandert war, sagte der Zeitung, es sei "ein Wunder", dass er und sein Begleiter überlebt hätten. Sie hätten sich während der Eis- und Gerölllawine hingekauert und einander "fest umarmt", da Flucht sinnlos gewesen wäre.

Der Marmolata-Gletscher ist der größte Gletscher in den Dolomiten und befindet sich auf der Nordseite der Marmolatagruppe, die in den Provinzen Trient und Belluno liegt. Die Eisplatte brach in der Nähe von Punta Rocca an der Aufstiegsroute zum Gipfel. Filmaufnahmen, die von einer nahegelegenen Berghütte gemacht wurden, zeigen mit Felsbrocken vermischte Schneemassen, die mit ohrenbetäubendem Lärm ins Tal herunterrasten. Wie viele Menschen sich zum Zeitpunkt des Unglücks in der Umgebung des Gletschers aufgehalten hatten, war am Montag weiter unbekannt, wie die Sprecherin der Rettungskräfte, Michela Canova, AFP sagte.

Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi wollte sich selbst ein Bild von der Katastrophe machen. Sein Hubschrauber konnte nach Angaben seines Büros allerdings wegen schlechten Wetters nicht am Unglücksort landen.

Papst Franziskus erklärte im Onlinedienst Twitter, die Menschheit müsse angesichts solcher "Tragödien, die wir wegen des Klimawandels erleben", schnell umdenken.

Der Geologe Massimo Frezzotti von der Universität Rom Drei sagte AFP, der Gletscherbruch sei durch ungewöhnlich warmes Wetter als Folge des Klimawandels erfolgt. Am Tag vor dem Unglück war eine Rekordtemperatur von zehn Grad auf dem Gipfel des Gletschers gemessen worden.

Der Weltklimarat IPCC zählt die Gletscher- und Schneeschmelze zu den zehn schwersten Bedrohungen durch die Erderwärmung. Bis zum Jahrhundertende könnten die Gletscher in Skandinavien, Zentraleuropa und im Kaukasus demnach zwischen 60 und 80 Prozent an Masse verlieren.

E.Schmitt--MP