Erneute Explosion auf russischem Stützpunkt auf der Krim - Moskau spricht von Sabotage
Eine Woche nach den Explosionen auf einem russischen Luftwaffenstützpunkt auf der Krim ist erneut ein Munitionsdepot auf der von Russland annektierten Halbinsel in Flammen aufgegangen. Das Verteidigungsministerium in Moskau sprach am Dienstag von einem "Sabotageakt", der Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, von einer "Meisterleistung der ukrainischen Streitkräfte". Kreml-Chef Wladimir Putin warf Washington indes vor, den Krieg in der Ukraine absichtlich in die Länge zu ziehen.
Den russischen Angaben zufolge hatte ein Brand am Dienstagmorgen gegen 05.15 Uhr (MESZ) die Explosionen in dem provisorischen Waffenlager der im Norden der Krim gelegenen Militärbasis ausgelöst. Das Lager sei beschädigt worden ebenso wie zivile Infrastruktur, darunter eine Hochspannungsleitung, ein Kraftwerk, eine Bahnstrecke und mehrere Häuser.
Es gab demnach keine ernsthaft Verletzten, doch wurden 2000 Menschen im Bezirk Dschankoj vorsichtshalber in Sicherheit gebracht. Aufnahmen in den Online-Netzwerken zeigten riesige Feuerbälle sowie dicke schwarzen Rauchwolken über der Anlage.
Wer hinter der "Sabotage" stecken könnte, ließ das russische Verteidigungsministerium offen. Der ukrainischen Präsidialamtsleiter Jermak sprach im Online-Dienst Telegram aber von einer meisterlich ausgeführten "Operation 'Entmilitarisierung'" der ukrainischen Armee.
Erst vor einer Woche war auf dem Gelände einer russischen Luftwaffenbasis im Westen der Krim ein Munitionsdepot explodiert. Dabei wurden ein Mensch getötet und schätzungsweise acht Flugzeuge sowie eine erhebliche Menge Munition zerstört. Bisher bekannte sich niemand zu dem Vorfall, doch ranghohe Vertreter in Kiew sowie das Militär deuteten eine Beteiligung der Ukraine an.
Wahrscheinlich hätten die Explosionen am Dienstag die Infrastruktur beschädigt, die die Krim mit Strom aus dem russisch kontrollierten Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine versorgt, sagte der Berater des ukrainischen Präsidenten, Mychailo Podoljak. Die Explosionen bezeichnete er ebenfalls als "Entmilitarisierung in Aktion" - und benutzte damit denselben Begriff, mit dem Russland seine Offensive in der Ukraine rechtfertigt.
Seit Ende Juli wird das seit März von russischen Soldaten besetzte Atomkraftwerk Saporischschja wiederholt beschossen. Kiew und Moskau machen sich gegenseitig für die Angriffe verantwortlich. Die Angst vor einer Katastrophe im größte Akw Europas wächst. Am Montag warnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, im Fall einer Atomkatastrophe wäre ganz Europa betroffen.
Nach Angaben des Elysée-Palasts sprachen Selenskyj und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Dienstag über eine Stunde über die Lage in dem Akw. Der Inhalt des Gesprächs sollte im Laufe des Tages veröffentlicht werden.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine dauert bald schon ein halbes Jahr. Der russische Präsident Putin warf Washington vor, mit seinen Waffenlieferungen an die Ukraine den Konflikt bewusst in die Länge zu ziehen. Washington nutze die Menschen in der Ukraine als "Kanonenfutter", sagte Putin zur Eröffnung einer Sicherheitskonferenz in Moskau. Zur gleichen Zeit meldete die Ukraine eine neue russische Großoffensive auf eine Ölraffinerie in der von ihr vor kurzem eingenommenen ostukrainischen Stadt Lyssytschansk.
Seit Beginn seines Angriffskriegs am 24. Februar sieht sich Russland beispiellosen westlichen Sanktionen ausgesetzt. Finnland kündigte am Dienstag an, ab September die Zahl der russischen Touristen-Visa für die EU auf zehn Prozent des derzeitigen Volumens zu begrenzen. Nach dem Vorbild der Ukraine und Polens verkündete Estlands Regierungschefin, alle Monumente aus der Zeit der sowjetischen Besatzung ihres Landes zu entfernen.
Eine gute Nachricht kam unterdessen aus dem ukrainischen Schwarzmeerhafen Piwdennji, wo nach ukrainischen Regierungsangaben das erste von den UN gecharterte Schiff mit Getreide in Richtung Afrika auslaufen konnte. Die mit 23.000 Tonnen Weizen beladene "MV Brave Commander" soll das Getreide an Äthiopien liefern.
S.Kraus--MP