Bundesinnenministerium verbietet kriminelle rockerähnliche Gruppe United Tribuns
Das Bundesinnenministerium hat die in schwerste Straftaten verwickelte rockerähnliche Gruppierung United Tribuns verboten. Zeitgleich mit Inkrafttreten des Verbots rückten am Mittwoch fast 1500 Einsatzkräfte der Polizei in neun Bundesländern zu Durchsuchungsaktionen aus, wie das Innenministerium in Berlin mitteilte. Die 2004 gegründete Gruppe hat demnach etwa hundert Mitglieder, von denen viele durch Straftaten wie versuchte Tötungsdelikte oder Menschenhandel auffielen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, Rockerkriminalität sei "von großer Brutalität geprägt". Deutschland als Rechtsstaat müsse "sehr deutlich" zeigen, dass Aktivitäten derartiger Gruppierungen nicht geduldet würden. Nach Angaben ihres Ministeriums war der Erlass des Vereinsverbots eng mit den neun betroffenen Bundesländern abgestimmt, in denen sich die insgesamt 13 örtlichen sogenannten Chapter der United Tribuns befinden.
Einem Sprecher des Bundesinnenministeriums zufolge wurden bei den Razzien rund 110 Objekte wie Klubhäuser und Wohnungen durchsucht. Gefunden worden dabei unter anderem Schusswaffen und Macheten sowie größere Mengen Bargeld, sagte er in Berlin. 1450 Polizistinnen und Polizisten des Bundes und der Länder seien dabei im Einsatz gewesen, darunter auch Spezialeinsatzkräfte.
Laut Bundesinnenministerium sind den Mitgliedern der von einem ehemaligen bosnischen Boxer im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen ins Leben gerufenen Gruppierung zahlreiche schwere Straftaten zuzurechnen. Einerseits verübten sie Körperverletzungen bis hin zu versuchten Tötungsdelikten bei gewaltsamen Auseinandersetzungen mit konkurrierenden Rockervereinigungen wie den Hells Angels. Andererseits traten sie aber auch wegen Sexualverbrechen oder Straftaten in Bereichen wie Menschenhandel und Betrug in Erscheinung.
Rockerähnliche Gruppierungen orientieren sich in ihren Strukturen und ihrem Auftreten am Vorbild krimineller Rockervereinigungen wie Hells Angels oder Bandidos, die vielfach mit kriminellen Aktivitäten in Verbindung stehen. Sie habe anders als diese häufig eine Affinität insbesondere zum Kampfsport-, Türsteher- oder Kraftsportmilieu. Laut Bundesinnenministerium gilt dies auch für die United Tribuns. Diese gehörten demnach zu den mächtigsten und mitgliederstärksten Vereinigungen ihrer Art im gesamten Bundesgebiet.
Die Bundesregierung oder Landesregierungen können Vereinigungen verbieten und deren Vermögen beschlagnahmen, wenn sie illegalen Zwecken dienen. Die rechtliche Grundlage dafür findet sich im Vereinsgesetz. Die betroffene Gruppierung wird dann zwangsweise aufgelöst, ihre Symbole dürfen nicht mehr gezeigt werden. Auch die Gründung von Ersatzorganisationen ist untersagt.
Durchsuchungsmaßnahmen fanden in neun Bundesländer von Schleswig-Holstein bis Bayern statt. In Baden-Württemberg durchsuchten laut Innenministerium in Stuttgart rund hundert Polizisten fünf Anschriften von Vorstandsmitgliedern. Ein Schwerpunkt lag in Schleswig-Holstein. Dort waren laut Innenministerium in Kiel mehr als 400 Polizisten im Einsatz, um 35 Objekte zu durchsuchen. Vier der 13 Chapter der United Tribuns befinden sich demnach in Schleswig-Holstein. Zwei Beamte wurden bei den Maßnahmen leicht verletzt.
Bund und Länder verboten über die Jahre bereits zahlreiche Vereinigungen aus dem extremistischen und kriminellen Bereich. Allein der Bund löste bis zum Jahr 2021 nach eigenen Angaben 58 Vereine sowie weitere 117 sogenannte Teil- und Ersatzorganisationen auf. 33 dieser Verbote betrafen Zusammenschlüsse aus dem Bereich der Rocker- oder der sonstigen organisierten Kriminalität.
Darüber hinaus gingen die Länder in zahlreichen Fällen separat mit Verboten gegen regional aktive Gruppierungen oder örtliche Ableger von Vereinigungen vor. Dies betraf insbesondere auch zahlreiche Untergliederungen von Rocker- oder rockerähnlichen Vereinigungen. So wurden unter anderem viele sogenannte Chapter der Hells Angels auf Ebene einzelner Bundesländer verboten.
H.Klein--MP