Forderungen nach weiterer Stärkung der Patientenrechte zum Jahrestag von Gesetz
Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes sind Forderungen nach einer raschen weiteren Stärkung der Rechte laut geworden. Im Alltag gebe es nach wie vor "viele Hürden" bei der Wahrnehmung der Rechte gesetzlich Versicherter, kritisierten Verbände und Krankenkassen am Montag. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, sagte, besonders bei Behandlungsfehlern sollte die Regierung bald tätig werden. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte an, in Kürze würden Eckpunkte zur Weiterentwicklung des Gesetzes vorgelegt.
In dem 2013 in Kraft getretenen Gesetz wurden erstmals die Rechte und Pflichten im Rahmen einer medizinischen Behandlung transparent dargestellt. So stärkt das Gesetz den Anspruch gesetzlich Versicherter auf Unterstützung durch die Kassen bei Behandlungsfehlern und räumt ihnen mehr Möglichkeiten zur Durchsetzung von Schadensersatzforderungen ein.
Die Krankenkasse AOK, der Sozialverband Deutschland (SoVD), die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe sowie Medizinrechtsanwälte verwiesen in einer Erklärung auf den Koalitionsvertrag, in dem die Stärkung der Patientenrechte in Aussicht gestellt wird. "Ziel muss es sein, ein Mehr an Rechtssicherheit, Orientierung und Gleichgewicht zu schaffen und so insgesamt das Arzt-Patienten-Verhältnis zu stärken", betonen sie.
Lauterbach sagte bei einem Festakt zum 10-jährigen Jubiläum, das Patientenrechtegesetz habe "den Interessen von Patientinnen und Patienten mehr Gewicht verliehen. Das war ein guter Anfang für einen Perspektivwechsel". Das Gesetz werde aber weiterentwickelt: "Es ist unser Ziel, die Rolle des mündigen Patienten weiter zu stärken und sicherzustellen, dass auch im Falle eines Behandlungsfehlers der Patient optimal unterstützt wird."
Der Patientenbeauftragte Schwartze sagte auf der Jubiläumsveranstaltung, die tatsächliche Durchsetzung der Patientenrechte scheitere aktuell "zu oft an schwer zu überwindenden rechtlichen Hürden". Er fügte hinzu: "Die Reduzierung des Beweismaßes bei Behandlungsfehlern kann hier ein erster wichtiger Schritt sein."
Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, erklärte: "Es kann nicht sein, dass es unter anderem an der Qualität von Gutachten liegt, dass sich Rechtsstreite über Jahre hinziehen." Diese Ungewissheit habe Auswirkungen auf die Gesundheit der Betroffenen.
Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier kritisierte, dass Patientinnen und Patienten eine viel strengere Beweispflicht auferlegt werde, als es für Rechtsstreitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis die Regel sei. Der Gesetzgeber müsse "diese Ungerechtigkeit" korrigieren.
"Konkrete Regelungen zur Stärkung der Einsichtsrechte für die Patienten" forderte der Vorstand des Vereins Medizinrechtsanwälte, Thomas Motz. "Das betrifft unter anderem Hygienepläne, Funktionsprüfungen medizinischer Geräte sowie Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Behandlung eines Patienten bedeutsam sein können."
Der Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe, Martin Danner, nannte es "zwingend erforderlich, dass eine Verpflichtung im Gesetz verankert wird, wonach nachbehandelnde Ärzte die Patienten unaufgefordert über mögliche Behandlungsfehler des vorbehandelnden Arztes aufklären müssen". Die derzeitige ärztliche Verpflichtung, dies auf Nachfrage zu tun, reiche nicht aus.
Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte: "In Sachen Patientenrechte liegt noch viel im Argen." So gebe es kein zentrales Register für Behandlungsfehler; ebenso fehle ein Härtefallfonds, der bei tragischen Behandlungsfehlern sofort greift. "Schon längst überfällig ist deshalb eine Beweislastumkehr zugunsten der Geschädigten", betonte Brysch.
Die Linken-Gesundheitspolitikerin Kathrin Vogler erklärte: "Eine Beweislastumkehr könnte helfen, dass die Opfer von Behandlungsfehlern vor Gericht eine Chance haben, ihre Ansprüche umzusetzen." Für diejenigen, denen das nicht gelinge, brauche es einen Härtefallfonds.
T.Murphy--MP