Münchener Post - Nahost-Krise dominiert EU-Gipfel mit Golfstaaten

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Nahost-Krise dominiert EU-Gipfel mit Golfstaaten
Nahost-Krise dominiert EU-Gipfel mit Golfstaaten / Foto: JOHANNA GERON - POOL/AFP

Nahost-Krise dominiert EU-Gipfel mit Golfstaaten

Die Krise im Nahen Osten hat den ersten EU-Gipfel mit den Ländern des Golf-Kooperationsrates dominiert. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen rief die sechs Golfländer am Mittwoch in Brüssel auf, den Iran zum Einlenken zu bewegen und sich weiter für eine Verhandlungslösung im Gaza-Krieg einzusetzen.

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Der scheidende EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, beide Seiten wollten eine "Strategische Partnerschaft für das 21. Jahrhundert" schließen. Zum Golf-Kooperationsrat gehören sechs Länder: Bahrain, Kuwait, Katar, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Von der Leyen rief die Golfstaaten auf, Druck auf den Iran auszuüben, damit dieser keinen "massiven ballistischen Angriff auf Israel startet" oder mit Teheran verbündete Huthi-Rebellen im Jemen "unsere Schiffe angreifen und die Freiheit der Schifffahrt stören".

"Wir brauchen sofortige Waffenstillstände im Gazastreifen und im Libanon", sagte von der Leyen weiter. Der belgische Regierungschef Alexander De Croo betonte, viele Golfstaaten hätten sich für eine Verhandlungslösung im Nahen Osten eingesetzt.

Scharfe Kritik aus dem Europaparlament kam wegen der Einladung für den saudiarabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund nannte es "zutiefst verstörend", dass Europas Spitzenpolitiker einem Mann die Hände schüttelten, an denen das Blut des 2018 ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi klebe.

Weitere Themen waren die Handelsbeziehungen der EU mit den Golfstaaten, die Energieversorgung und die Klimakrise. Eine gemeinsame Erklärung könnte laut Diplomaten jedoch scheitern. Zu den Streitpunkten zählen unter anderem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die jüngsten EU-Sanktionen gegen den Iran wegen Raketenlieferungen an Moskau.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ließ sich nach Berliner Angaben durch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vertreten. Das Spitzentreffen mit den Golfländern ging dem regulären Herbstgipfel der EU-Staats- und Regierungschefs voraus, zu dem Scholz am Donnerstag erwartet wird. Dabei stehen der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die Migration im Mittelpunkt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will den Gipfelteilnehmern über seinen "Siegesplan" im Verteidigungskrieg gegen Russland berichten. Angekündigt war eine Videokonferenz mit Selenskyj. Manche Diplomaten erwarten ihn jedoch persönlich in Brüssel.

Selenskyj hatte seinen Plan am Mittwoch im Parlament in Kiew vorgestellt. Darin schließt er Gebietsverzichte zugunsten von Russland aus und appelliert an die Nato-Verbündeten, seinem Land unverzüglich einen Beitritt anzubieten. Mit dem Plan wollen sich am Donnerstag auch die Nato-Verteidigungsminister befassen, die parallel zum EU-Gipfel im Brüsseler Hauptquartier tagen, wie Generalsekretär Mark Rutte ankündigte.

Weiteres Schwerpunktthema der Staats- und Regierungschefs ist die Migration. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, der unter anderem schärfere Abschieberegeln vorsieht. Damit kommt sie der Aufforderung von 17 Schengen-Staaten nach, zu denen auch Deutschland zählt.

Umstritten sind dagegen Abschiebezentren in Drittländern, wie Italien sie in dem EU-Kandidatenland Albanien eingerichtet hat. Griechenland forderte kurz vor dem Gipfel eine gemeinsame europäische Lösung statt solcher bilateraler Abkommen. Flüchtlingsorganisationen warnen zudem vor Menschenrechtsverstößen, wenn die EU Asylverfahren an Drittstaaten auslagern.

Darüber hinaus geht es bei dem EU-Gipfel ebenfalls um den Nahost-Konflikt sowie die bevorstehenden Wahlen in Moldau und Georgien. Diplomaten halten es für möglich, dass der traditionell zweitägige Gipfel bereits in der Nacht zu Freitag endet.

Kanzler Scholz dürfte an einem zeitigen Ende interessiert sein: Am Freitag wird US-Präsident Joe Biden in Berlin erwartet.

E.Schmitt--MP