Brüssel oder Moskau: Stichwahl in Moldau mit leicht erhöhter Wahlbeteiligung
In Moldau haben die Wähler am Sonntag in einer Stichwahl über das Präsidentenamt abgestimmt. Beobachter sagten ein knappes Rennen zwischen der pro-europäischen Amtsinhaberin Maia Sandu und ihrem Herausforderer, dem russlandfreundlichen Alexandr Stoianoglo, voraus. Die Abstimmung gilt als richtungsweisend in der Frage, ob sich Moldau künftig eher Moskau oder Brüssel zuwendet. Nach der ersten Wahlrunde hatte es Berichte über massive Wählerbeeinflussung gegeben.
Die Wahlbeteiligung war am Mittag mit 29 Prozent etwas höher als bei der ersten Wahlrunde am 20. Oktober. Sandu war vor zwei Wochen als Favoritin angetreten, mit einem Ergebnis von 42 Prozent der Stimmen verpasste sie jedoch die absolute Mehrheit. Stoianoglo schnitt mit 26 Prozent besser ab als erwartet. Er erhielt seit dem die Unterstützung von weiteren, nach der ersten Runde ausgeschiedenen Kandidaten. Erste Ergebnisse der Stichwahl werden nach Schließung der Wahllokale gegen 22 Uhr (21.00 Uhr MEZ) erwartet.
Sandu rief die Wählerinnen und Wähler bei ihrer Stimmabgabe am Sonntag dazu auf, gegen die "Betrüger" aktiv zu werden. Sie habe Vertrauen in ihre Mitbürger, "die immer dafür gesorgt haben, dass das Land vorankommt und vor Bösem beschützt wird".
Angesichts der Vorwürfe der Wahlbeeinflussung durch Russland hatte Sandus Lager die Bemühungen, die Wähler vom pro-europäischen Kurs der Präsidentin zu überzeugen, im Vorfeld der Stichwahl noch einmal verstärkt. Mit Kampagnen in Onlinediensten und Hausbesuchen versuchten ihre Wahlhelfer zudem den Kauf von Stimmen zu verhindern, den es im Vorfeld der ersten Wahlrunde laut Polizei und Beobachtern gegeben hatte.
Die Polizei warnte die Menschen mit Lautsprecherdurchsagen in Supermärkten und per Handynachrichten davor, sich ihre Stimme abkaufen zu lassen. Laut Polizei gab es "massive" Versuche, Wählerinnen und Wähler durch Telefonanrufe und E-Mails zu beeinflussen. Demnach wurden einige sogar mit dem Tode bedroht.
Regierungschef Dorin Recean sprach von einem "extremen Angriff (...), um Panik und Angst zu erzeugen, so dass die Menschen Angst davor haben, wählen zu gehen".
Der Polizei zufolge reisten moldauische Wähler aus Russland, Belarus, Aserbaidschan und der Türkei mit organisierten Flug- und Busreisen ins Land.
Sandu hatte nach der ersten Wahlrunde, bei der gleichzeitig ein Referendum über den EU-Beitritt des Landes abgehalten wurde, von einem "noch nie dagewesenen Angriff auf die Freiheit und Demokratie in unserem Land" gesprochen und damit auf mutmaßliche russische Wahleinmischungen abgezielt. Sie hatte Moskau bereits zuvor wiederholt beschuldigt, sich politisch in dem an die Ukraine grenzende Moldau einzumischen.
Stoianoglo sagte bei seiner Stimmabgabe zur Stichwahl, er wolle aus Moldau ein Land machen, dass "nicht bettelt, sondern harmonische Beziehungen zu Ost und West hat". Er habe "keine Beziehungen zum Kreml oder Vertretern anderer Staaten oder speziellen Diensten", fügte der Kandidat hinzu, der in der Öffentlichkeit oft eine Mischung aus Russisch und der moldauischen Amtssprache Rumänisch spricht. Stoianoglo wurde bei der Stichwahl unter anderem von den prorussischen Sozialisten unterstützt.
Stoianoglo bestritt jede Verwicklung in Versuche zur Wahlmanipulation. Weder er noch seine Partei hätten sich je an Stimmenkäufen beteiligt, sagte er.
Die Republik Moldau hat 2,6 Millionen Einwohner und grenzt an die Ukraine und an Rumänien. Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine befürchten viele Moldauer, dass Moskau ihr Land als nächstes angreifen könnte. Sorge bereitet vielen auch die Lage in der russischsprachigen Region Transnistrien, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von Moldau abgespalten hatte.
C.Maier--MP