Israel greift erneut Viertel im Zentrum Beiruts an - Mindestens vier Tote
Israel hat am Montagabend seine Angriffe auf das Zentrum der libanesischen Hauptstadt Beirut fortgesetzt. Ein israelischer Luftangriff traf - bereits zum dritten Mal binnen zwei Tagen - ein dicht besiedeltes Viertel, wie eine Sicherheitsquelle AFP mitteilte. Laut Gesundheitsministerium gab es mindestens vier Tote und 18 Verletzte. Indes stieg die Zahl der Todesopfer nach den Angriffen vom Sonntag auf zehn. Unter ihnen waren laut der Hisbollah-Miliz neben ihrem Sprecher Mohammed Afif auch vier weitere ihrer Medienbeauftragten.
Der Luftangriff am Montag erfolgte in der Nähe einer schiitischen Gebetsstätte im zentralen Stadtteil Sukak al-Blat, sagte ein Sicherheitsbeamter, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP. Ein AFP-Korrespondent in einem benachbarten Gebiet hörte zwei Explosionen, Journalisten in einem anderen Teil Beiruts berichteten von Krankenwagen-Sirenen. Vor dem Angriff hatte es keinen Evakuierungsaufruf seitens Israel gegeben.
Das israelische Militär hatte am Sonntag erstmals dicht bevölkerte Viertel im Zentrum der libanesischen Hauptstadt angegriffen, die es bisher ausgespart hatte. Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium stieg die Zahl der bei den beiden Angriffen getöteten Menschen auf zehn, darunter der Hisbollah-Miliz-Sprecher Afif. Zuvor war von sechs Toten die Rede gewesen.
Die Medienabteilung der Hisbollah trauere "um vier ihrer Mitarbeiter sowie um ihren geliebten Anführer Afif", erklärte die Miliz am Montag. Der Tod von Afif war bereits am Wochenende bekannt geworden. Am Montagnachmittag meldete die Miliz dann den Tod von vier weiteren Mitgliedern aus Afifs Team.
Einer der Angriffe wurde in dem Beiruter Stadtviertel Ras al-Nabaa ausgeführt. Dabei wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums sieben Menschen getötet und 16 weitere verletzt. Bei diesem Angriff wurden auch die Mitglieder der Hisbollah-Medienabteilung getötet. Die israelische Armee bestätigte, den Angriff ausgeführt zu haben.
Das Gesundheitsministerium korrigierte auch die "endgültige Zahl" der Todesopfer eines israelischen Angriffs auf den zentralen Beiruter Stadtteil Mar Elias auf drei. Unter den Toten sei eine Frau, 29 Menschen seien verletzt worden, hieß es demnach. Der Angriff auf ein dicht besiedeltes Wohn- und Einkaufsviertel, zu dem sich Israel bisher nicht geäußert hat, löste zudem einen Brand aus. Nach Angaben der libanesischen Nachrichtenagentur NNA war das Feuer am Montagmorgen weitgehend gelöscht.
Die Schulen in Beirut sollen wegen der Angriffe bis einschließlich Dienstag geschlossen bleiben, wie das libanesische Bildungsministerium mitteilte. Das Bildungssystem im Libanon funktioniert durch die israelischen Angriffe, die sich gegen Stellungen der Hisbollah-Miliz richten, nur eingeschränkt.
Heba, eine 44-jährige Lehrerin, die nun online unterrichtet und ihren Nachnamen nicht nennen wollte, sagte AFP, derartige Schulschließung seien "normal", die Libanesen seien "daran gewöhnt". Sie frage sich allerdings, wie "diese Situation enden wird". Schließlich könnten die Kinder auch in ihren Häusern bombardiert werden. "Es gibt keine sicheren Gebiete mehr", erklärte sie.
Der getötete Hisbollah-Sprecher Afif wurde am Montag in der Stadt Sidon im Südlibanon beigesetzt. Er gehörte zum engeren Kreis des bei einem Angriff Ende September getöteten Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah und war einer der wenigen Hisbollah-Vertreter, die sich vor der Presse äußerten.
Die israelische Armee erklärte, in den vergangenen 36 Stunden mehr als 200 Ziele im Libanon angegriffen zu haben, darunter Vororte von Beirut. Am Montag wurden israelischen Armeeangaben zufolge aus dem Libanon dutzende Geschosse auf den Norden Israels abgefeuert. Das Luftabwehrsystem des Landes habe einige der Geschosse abgefangen.
Die mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz eröffnete einen Tag nach dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit regelmäßigen Raketenangriffen eine zweite Front gegen Israel. Als Reaktion beschoss Israel Ziele im Nachbarland. Seit einigen Wochen hat die israelische Armee ihre Angriffe gegen die Hisbollah im Libanon deutlich verstärkt und zudem mit Bodeneinsätzen begonnen.
Auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro in Brasilien rief US-Präsident Joe Biden die teilnehmenden Staats- und Regierungschefs am Montag auf, "den Druck auf die Hamas" mit Blick auf eine Waffenruhe mit Israel sowie eine Freilassung der noch im Gazastreifen verbleibenden Geiseln zu verstärken. Biden erklärte, er werde sich in den letzten Wochen seiner Amtszeit weiter für ein solches Abkommen einsetzen.
B.Fuchs--MP