Mehrere Sicherheitskräfte bei Protesten von Khan-Anhängern in Islamabad getötet
Anhänger des inhaftierten pakistanischen Ex-Regierungschefs Imran Khan haben bei gewaltsamen Protesten für dessen Freilassung nach Regierungsangaben mehrere Sicherheitskräfte getötet. Innenminister Mohsin Naqvi erklärte, auf einer ins Regierungsviertel in Islamabad führenden Straße hätten "Schurken" am Dienstag vier Mitglieder einer paramilitärischen Gruppe getötet. Regierungschef Shehbaz Sharif sagte, die Sicherheitskräfte seien "von einem Fahrzeug überfahren" worden.
Zuvor waren tausende Khan-Anhänger in die pakistanische Hauptstadt marschiert. Mit Stöcken und Schleudern bewaffnete Demonstranten griffen die Sicherheitskräfte an. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse gegen die Menge ein.
Regierungschef Sharif erklärte, die Khan-Anhänger wollten "keine Revolution, sondern ein Blutbad". "Dies ist kein friedlicher Protest, das ist Extremismus", fügte er hinzu. Am Montag hatte die Regierung bereits mitgeteilt, dass durch die Unruhen binnen zwei Tagen ein Polizist getötet und neun weitere lebensgefährlich verletzt worden seien.
Ex-Regierungschef Khan war von der Parlamentswahl im Februar ausgeschlossen worden. Seine Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) widersetzt sich der Regierung seither mit regelmäßigen Demonstrationen, bei denen sie öffentliche Orte in Islamabad und anderen Städten des Landes unter ihre Kontrolle bringt. Islamabad ist seit Samstagabend abgeriegelt, mobile Internetverbindungen werden immer wieder unterbrochen und in den Straßen sind mehr als 20.000 mit Schilden und Knüppeln ausgerüstete Polizisten unterwegs.
Vergangene Woche hatte die Stadtverwaltung von Islamabad ein zweimonatiges Verbot für öffentliche Versammlungen ausgesprochen. Dennoch reisten Konvois von Khans PTI aus ihren Hochburgen in der nordwestlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa und der bevölkerungsreichsten Provinz Punjab in die Hauptstadt und ließen sich dabei auch durch Straßensperren aus Schiffscontainern nicht stoppen.
Wegen des Konflikts auf den Straßen ordnete die Stadtverwaltung für Montag und Dienstag die Schließung von Schulen und Universitäten an. "Diejenigen, die hierher kommen, werden festgenommen", drohte Innenminister Naqvi am Montagabend auf dem Platz vor den Regierungsgebäuden, den die PTI-Anhänger besetzen wollten.
Hauptforderung der Demonstranten ist Khans Freilassung. Der 72-jährige ehemalige Cricket-Star war von 2018 bis 2022 Pakistans Regierungschef, wurde aber schließlich durch ein Misstrauensvotum gestürzt, nachdem er sich mit dem mächtigen Militär des Landes überworfen hatte. Seit August 2023 ist Khan inhaftiert. Ihm droht ein Prozess wegen Vorwürfen, die von illegaler Eheschließung über Korruption bis hin zu Aufruf zu Ausschreitungen reichen.
Seine Anhänger prangern Wahlfälschungen bei dem Urnengang im Februar an und wenden sich gegen eine von der Regierung von Premierminister Sharif unterstützte Verfassungsänderung, die der Regierung mehr Macht über die Gerichte des Landes gibt.
Unter anderem die pakistanische Menschenrechtskommission warf der Regierung vor, überzureagieren. Die Zufahrten nach Islamabad zu blockieren, bestrafe de facto auch "einfache Bürger", erklärte sie. Das US-Außenministerium rief die Demonstrierenden zum Gewaltverzicht auf und appellierte zugleich an die pakistanischen Behörden, "Menschenrechte und grundlegende Rechte zu respektieren".
F.Hartmann--MP