Katar: Gespräche über Waffenruhe im Gazastreifen "im Endstadium"
Bei den Gesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen könnten es nach Angaben aus Katar "sehr bald" eine Einigung geben. Die Verhandlungen in Doha befänden sich im "Endstadium", die Hauptprobleme seien gelöst worden, sagte Außenministeriumssprecher Madsched al-Ansari am Dienstag. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte die Hoffnung auf eine Vereinbarung und mahnte, das Leben der Geiseln müsse jetzt "oberste Priorität" haben. Derweil wurden bereits erste Inhalte eines möglichen Abkommens bekannt.
"Wir haben einen Punkt erreicht, an dem die wichtigsten Probleme, die eine Einigung verhindert haben, gelöst wurden", sagte al-Ansari bei einer Pressekonferenz. "Wir hoffen, dass dies sehr bald zu einer Einigung führen wird."
Katar ist einer der wichtigsten Vermittler in den indirekten Gesprächen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln. Seit Monaten hatte das Land gemeinsam mit den USA, und Ägypten versucht, eine Vereinbarung in dem seit rund 15 Monaten andauernden Krieg zu erreichen. Anfang Januar waren die Gespräche in der katarischen Hauptstadt Doha wieder aufgenommen worden.
Auf der einen Seite verhandeln Vertreter aus Israel und den USA sowie der Regierungschef von Katar miteinander. Mit der Hamas werden über Vermittler separate Gespräche geführt. Die Palästinenserorganisation erklärte, sie hoffe, dass die Verhandlungsrunde zu einem "klaren und umfassenden Abkommen" führen werde.
US-Präsident Joe Biden und der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi sagten am Dienstag in einem Telefonat, dass beide Seiten "Flexibilität" zeigen müssten, um eine Einigung zu erreichen, wie al-Sisis Büro erklärte.
Der israelische Außenminister Gideon Saar verwies auf die "echte Bereitschaft auf unserer Seite, ein Abkommen zu erreichen". "Ich glaube, dass wir, wenn wir diesen Geiseldeal erreichen, eine Mehrheit in dieser Regierung haben werden, die das Abkommen unterstützen wird", sagte er bei einem Besuch in Rom.
Unterdessen wurden erste Inhalte eines möglichen Abkommens bekannt. Aus Verhandlungskreisen hieß es, dass in einer ersten Phase schrittweise 33 israelische Geiseln freigelassen werden sollen, "beginnend mit Kindern und Frauen". Wie die "Times of Israel" berichtete, sollen dann am 16. Tag nach Inkrafttreten des Abkommens Verhandlungen über eine zweite Phase beginnen. In dieser könnten dann Soldaten, Männer im wehrfähigen Alter und auch die Leichen der toten Geiseln freigegeben werden.
Medienangaben zufolge soll es Israel erlaubt sein, während der ersten Phase der Waffenruhe eine "Pufferzone" im Gazastreifen aufrechtzuerhalten und ihre Armee weiter dort zu stationieren. Allerdings werde es der Bevölkerung erlaubt sein, sich zwischen dem Norden und dem Süden des Gebiets zu bewegen, berichtete die israelische Zeitung "Haaretz".
Aus dem Umfeld der Hamas hieß es, dass im Austausch für die 33 israelischen Geiseln rund 1000 palästinensische Gefangene freigelassen würden, darunter auch Menschen, die langjährige Haftstrafen verbüßten.
Ein israelischer Regierungsvertreter erklärte dagegen, "mehrere Hundert Terroristen" würden freigelassen, er könne jedoch keine genauen Zahlen nennen, da dies davon abhänge, wie viele von den 33 Geiseln noch am Leben seien. Weiter betonte er, dass Israel den Gazastreifen nicht verlassen werde, bevor nicht alle Geiseln zurückgekehrt seien. Zudem gehe es nicht um eine endgültige, sondern lediglich um eine vorübergehende Waffenruhe.
Rechtsextreme Minister der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kritisierten das mögliche Abkommen scharf. "Der Deal ist wirklich katastrophal", sagte Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir. Finanzminister Bezalel Smotrich hatte zuletzt jegliche Vereinbarung mit der Hamas als "Kapitulationsabkommen" bezeichnet.
Bundeskanzler Scholz erklärte, Deutschland verstehe, "wie schmerzhaft jede Vereinbarung mit der Terrororganisation Hamas für Israel" sei. Dennoch müsse das Leben der Geiseln jetzt "oberste Priorität" haben. "Das sage ich auch, da sich unter den Geiseln zahlreiche deutsche Staatsangehörige befinden", betonte Scholz.
Ausgelöst worden war der Krieg im Gazastreifen durch den beispiellosen Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1210 Menschen getötet und 251 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 94 Geiseln sollen sich nach wie vor im Gazastreifen befinden, 34 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot.
Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mehr als 46.640 Menschen getötet.
B.Fuchs--MP