Regierung und Opposition in Venezuela vereinbaren wichtiges Teilabkommen
Nach einem 15-monatigen Stillstand der Verhandlungen haben Regierung und Opposition in Venezuela ein wichtiges Teilabkommen unterzeichnet. Vertreter beider Seiten unterschrieben die Vereinbarung über soziale Sicherheit am Samstag in Mexiko-Stadt. Das Teilabkommen bedeute "Hoffnung für ganz Lateinamerika", sagte der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard. In einer gemeinsamen Erklärung begrüßten die USA, die EU, Großbritannien und Kanada "die Entscheidung zur Wiederaufnahme des Dialogs".
Das Teilabkommen sehe vor, alle Schritte zu unternehmen, um "legitime Gelder" der Regierung Venezuelas freizugeben, die im "internationalen Finanzsystem eingefroren sind", erklärte der norwegische Vermittler Dag Nylander. Das Geld solle in einen Fonds fließen, der für verschiedene soziale Projekte in dem südamerikanischen Land verwendet werden soll. Dazu gehörten etwa die Bereiche Bildung, Gesundheit und Hochwasserschutz. Die Vereinten Nationen sollen den Fonds demnach beaufsichtigen.
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro schrieb im Onlinedienst Twitter, das Abkommen öffne den Weg für ein neues Kapitel für sein Land, um den Frieden und das Wohlergehen aller Venezolaner voranzubringen. Ein Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete das Abkommen als einen wichtigen Meilenstein.
Die USA, die EU, Großbritannien und Kanada forderten Regierung und Opposition auf, "guten Willen" hinsichtlich eines umfassenden Abkommens zu "freien und fairen Wahlen im Jahr 2024, der Wiederherstellung der demokratischen Institutionen und der Beendigung der humanitären Krise in Venezuela" zu zeigen. Die USA, die EU, Großbritannien und Kanada versicherten außerdem ihre "Bereitschaft, das Sanktionspaket im Falle wesentlicher Fortschritte seitens des Regimes in Caracas zu überprüfen".
Die USA lockerten umgehend die gegen Venezuela verhängten Sanktionen. "Wir schließen uns der internationalen Gemeinschaft an und begrüßen die Wiederaufnahme von Verhandlungen", sagte ein Regierungsvertreter in Washington. Das Teilabkommen sei "ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung".
Das US-Finanzministerium erlaubte dem US-Ölkonzern Chevron in begrenztem Maße die Wiederaufnahme der Ölgewinnung in Venezuela. Der US-Konzern müsse jedoch sicherstellen, dass das Partnerunternehmen, der venezolanische Staatskonzern Petroleos, "keine Einnahmen aus Ölverkäufen von Chevron erhält". Die Lizenz bleibe für sechs Monate in Kraft, erklärte das US-Finanzministerium. Währenddessen würden die USA prüfen, ob die venezolanische Regierung ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen erfüllt.
Ein hochrangiger US-Regierungsbeamter erklärte allerdings, alle anderen Sanktionen würden "weiterhin bestehen bleiben". Die USA werde diese "weiterhin energisch durchsetzen" und jeden, der gegen US-Gesetze verstoße oder in Korruption verwickelt sei, "zur Rechenschaft ziehen".
Mit den Gesprächen zwischen Regierung und Opposition soll ein seit der umstrittenen Wahl im Jahr 2018 andauernder Machtkampf beigelegt werden. Der venezolanische Präsident Maduro pocht in erster Linie auf die Rücknahme internationaler Sanktionen, seine Gegner fordern Garantien für freie Wahlen. Einer gemeinsamen Erklärung zufolge werden die Verhandlungen im Dezember fortgesetzt.
Seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine und der daraus folgenden Energiekrise wurden die internationalen Bemühungen um eine Lösung der Krise im ölreichen Venezuela verstärkt. Die US-Regierung hatte im Mai angekündigt, einige Sanktionen gegen die Staatsführung in Caracas zu lockern. Washington hatte Caracas zudem die Lockerung weiterer Sanktionen in Aussicht gestellt, sollte es bei Gesprächen mit der Opposition zu einem Kompromiss kommen.
Dutzende Länder einschließlich der USA und der EU-Mitglieder hatten die Wahl von Maduro 2018 als manipuliert bezeichnet. Daraufhin hatte sich der damalige oppositionelle Parlamentspräsident Juan Guaidó zum Interimspräsidenten erklärt. Maduro konnte allerdings - unterstützt vom Militär - die Kontrolle in dem von einer schweren Wirtschaftskrise gezeichneten Land behalten.
L.Gschwend--MP