Justiz nimmt Kaili wegen weiterem Vorwurf unter die Lupe
Gegen die bereits wegen Korruptionsverdachts inhaftierte frühere EU-Vizeparlamentspräsidentin Eva Kaili gibt es neue Vorwürfe, diesmal wegen Betrugs mit EU-Haushaltsmitteln. Die Europäische Staatsanwaltschaft in Luxemburg beantragte am Donnerstag die Aufhebung der Immunität der sozialdemokratischen Europaabgeordneten Kaili und ihrer konservativen Kollegin Maria Spyraki, die ebenfalls aus Griechenland ist. In dem anderen Fall, einer Korruptionsaffäre um Bestechungsgelder aus Katar im Europaparlament, legte Kailis Lebensgefährte derweil Medienberichten zufolge ein Geständnis ab.
Wie die Europäische Staatsanwaltschaft erklärte, geht es bei dem neuen Vorwurf um den Verdacht des "Betrugs zum Schaden des EU-Haushalts" insbesondere bezüglich der Entlohnung von Parlamentsmitarbeitern. Dieser weitere Vorwurf gehe auf eine Untersuchung der EU-Betrugsbehörde Olaf zurück. Dabei ging es demnach um Vergütungen und insbesondere die Entlohnung von Mitarbeitern der Europaabgeordneten.
Die andere betroffene Europaparlamentarierin, Maria Spyraki, erklärte am Donnerstag, sie nehme "den Antrag auf Aufhebung meiner Immunität gerne an", um zu zeigen, dass es im Zusammenhang mit dem Europaparlament keinerlei finanzielle Abweichungen von auch "nur einem Euro" bei ihr gebe. Der Fall beziehe sich auf die Vergütungen einer früheren Mitarbeiterin, die "ein ernstes persönliches Problem hatte und einige Abwesenheiten von den Treffen des Europäischen Parlaments hatte". Spyrakis Fraktion, die EVP, forderte die Abgeordnete zu vollständiger Kooperation mit der Europäischen Staatsanwaltschaft auf.
Das EU-Parlament bestätigte der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstagabend, ein Ersuchen um Aufhebung der Immunität von zwei Mitgliedern des Parlaments erhalten zu haben. Das Parlament habe das entsprechende Verfahren "unverzüglich" eingeleitet, erklärte die Presseabteilung des Europaparlaments.
Die Abgeordnete Kaili ist bereits in eine Korruptionsaffäre rund um das Europaparlament verwickelt und sitzt derzeit in Belgien in Untersuchungshaft. In diesem separaten Fall konnte Kaili ihrer Festnahme trotz parlamentarischer Immunität nicht entgehen, da sie mutmaßlich auf frischer Tat ertappt wurde.
Am vergangenen Freitag war Kaili wegen der Vorwürfe in der Katar-Affäre in Brüssel festgenommen worden, ebenso wie ihr Lebensgefährte. In ihrer gemeinsamen Wohnung wurden laut belgischen Justizkreisen bei Durchsuchungen 150.000 Euro gefunden, weitere 750.000 Euro bei Kailis Vater.
Der Griechin und weiteren Beschuldigten wird dabei die "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption" vorgeworfen. Sie sollen vom Golfstaat Katar dafür bezahlt worden sein, sich im Europaparlament für dessen Interessen einzusetzen. Katar hat die Anschuldigungen zurückgewiesen.
Als Konsequenz aus dem Fall kündigte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola am Donnerstag "weitreichende" Reformen an. Dazu gehörten ein "Verbot aller inoffizieller Freundschaftsgruppen, eine Überprüfung der Einhaltung unseres Verhaltenskodexes und eine gründliche Überprüfung unserer Beziehungen zu Drittländern", sagte sie. Derweil sprach sich das EU-Parlament dafür aus, alle gesetzgeberischen Tätigkeiten zu Katar auszusetzen.
Einem Medienbericht zufolge hat Kailis ebenfalls in Untersuchungshaft sitzender Lebensgefährte bereits ein Geständnis abgelegt. Der inhaftierte Francesco Giorgi habe gestanden, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die von Katar und von Marokko genutzt worden sei, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen, berichtete die belgische Zeitung "Le Soir" am Donnerstag.
Dem belgischen Blatt zufolge sagte der Parlamentsmitarbeiter Giorgi zudem aus, dass der ebenfalls in Untersuchungshaft sitzende Ex-Europaabgeordnete Pier Antonio Panzeri der Chef dieser mutmaßlichen Organisation sei. Auf Nachfrage von "Le Soir" erklärte Panzeris Anwalt, er habe diese Informationen nicht. Giorgi beschuldigte dem Bericht zufolge noch zwei weitere Europaabgeordnete, durch Panzeri Geld erhalten zu haben. Kaili hat bisher ihre Unschuld betont.
Unterdessen leitete die Finanzstaatsanwaltschaft in Athen eine vorläufige Untersuchung gegen Kaili ein. Finanzstaatsanwalt Christos Bardakis habe die Untersuchung "wegen des Verdachts der Annahme von Bestechungsgeldern und der Geldwäsche angeordnet", verlautete aus Justizkreisen.
A.Roth--MP