Musk will zunächst Nachfolge klären und dann als Twitter-Chef zurücktreten
Twitter-Chef Elon Musk will nun doch von der Unternehmensspitze des Onlinedienstes zurücktreten, allerdings erst, wenn seine Nachfolge geklärt ist. "Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der töricht genug ist, den Job zu übernehmen", twitterte Musk am Dienstag. Weiterhin leiten werde er dann die Software- und Server-Teams bei Twitter.
Zuvor hatten 57,5 Prozent der Teilnehmer an einer am Sonntag von Musk selbst initiierten Umfrage auf Twitter für dessen Rücktritt gestimmt. "Soll ich als Chef von Twitter zurücktreten? Ich werde mich an die Ergebnisse dieser Umfrage halten", kündigte er an. Bis Montag beteiligten sich 17 Millionen Twitter-Nutzerinnen und Nutzer.
Musk, dem auch der Autohersteller Tesla und das Weltraumunternehmen SpaceX gehören, reagierte zunächst nicht öffentlich auf das Ergebnis, dann schien er es in Zweifel zu ziehen. In mehreren Tweets deutete der Multimilliardär am Dienstag an, dass er an eine mögliche Manipulation der Abstimmung durch Bots glaubt, also Computerprogramme, die mittels Algorithmen mit Nutzerinnen und Nutzern interagieren und dabei vorgeben, echte Menschen zu sein.
Der 51-Jährige hatte in der Vergangenheit mehrfach über kontroverse Sachverhalte per Umfrage entschieden. So ließ er die Twitter-Nutzer darüber abstimmen, ob das Konto des früheren US-Präsidenten Donald Trump entsperrt werden sollte. Musk gibt sich gerne als Vorreiter im Kampf für die Redefreiheit. Den Kauf von Twitter hatte er unter anderem damit begründet, eine angebliche Zensur auf der Plattform beenden zu wollen.
Der Twitter-Übernahme im Oktober für 44 Milliarden Dollar war ein monatelanges Hin und Her vorangegangen. Musk wollte zeitweise von seinem ursprünglichen Kaufangebot zurücktreten und verwies zur Begründung auf die angeblich hohe Zahl von Fake-Konten auf Twitter, zu der die vorherige Führung falsche Angaben gemacht habe. Angesichts einer drohenden Niederlage vor Gericht zog Musk den Kauf dann aber doch durch.
Als Twitter-Chef entließ er sogleich das Spitzenmanagement und dann rund die Hälfte der Belegschaft. Er wollte zudem eine Art kostenpflichtiges Abonnement einführen, das er nach einer Flut falscher Konten wieder stoppen musste, und sorgte etwa mit dem Sperren der Twitter-Konten von Journalisten für Kritik. Den Bots auf der Plattform sagte er den Kampf an. Das Problem sei aber wohl doch noch nicht ganz gelöst, erklärte er nun nach der verlorenen Umfrage.
Twitter laufen in der Zwischenzeit die Werbekunden weg. Musk selber erklärte, dass das Unternehmen auf dem Weg in den Ruin sei. Anfang dieser Woche kommentierte er einen Bericht, wonach er auf der Suche nach einem Nachfolger für den Chefposten bei Twitter sei, damit, dass "niemand, der Twitter tatsächlich am Leben halten kann, den Job will".
Auch Tesla schadet Musks Gebaren bei Twitter. Die Aktie des E-Autobauers verlor in den vergangenen drei Monaten 55 Prozent an Wert. Die Anzeichen, dass Musk den Twitter-Chef-Posten trotz der Umfrage nicht räumen könnte, quittierte die Börse am Dienstag mit einem zeitweisen Wertverlust von acht Prozent.
Einige Beobachter vermuten, dass der Tesla-Vorstand Druck auf den Eigentümer ausgeübt haben könnte, den Posten bei Twitter doch zu räumen. Der angekündigte Rücktritt sei nun "endlich ein guter Schritt in die richtige Richtung, um diese schmerzhafte Alptraumsituation für Tesla-Investoren zu beenden", sagte Wedbush-Analyst Dan Ives.
P.Mueller--MP