Scholz ringt sich zu Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an Ukraine durch
Nach langem Drängen aus dem In- und Ausland hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Lieferung deutscher Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine angekündigt. Zunächst sollten 14 Exemplare aus Bundeswehr-Beständen zur Verfügung gestellt werden, teilte die Bundesregierung am Mittwoch mit. Ziel sei es, mit Partnerländern "rasch zwei Panzer-Bataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen". Dies wären 80 bis 90 Panzer. Russland warnte vor einer Eskalation des Konflikts.
"Wir handeln international eng abgestimmt und koordiniert", betonte Scholz, dem sowohl in Deutschland als auch von internationalen Partnern ein zu zögerliches Vorgehen vorgeworfen worden war. Im Bundestag verteidigte der Kanzler seinen abwägenden Kurs: "Es ist wirklich Krieg in Europa nicht weit weg von hier in Berlin", sagte er. Es gehe bei jeder Waffenlieferung darum, eine Ausweitung des Ukraine-Krieges auf die Nato zu verhindern.
"Deshalb ist es richtig und mit voller Absicht geschehen, dass wir uns Stück für Stück voran gearbeitet haben", sagte Scholz vor den Abgeordneten. Und wichtig sei gleichfalls, "dass wir diese Waffensysteme niemals alleine, sondern immer in enger Kooperation bereitstellen."
Wert legte der Kanzler offensichtlich darauf, dass auch die USA als wichtigster Nato-Partner bei den Panzer-Lieferungen an Bord sind. Nach Medieninformationen will nun auch die US-Regierung Kampfpanzer vom Typ Abrams an die Ukraine liefern. Offiziell angekündigt ist dies aber noch nicht.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Scholz. Der Kanzler habe ihn in einem Telefonat über die "wichtigen und rechtzeitigen" Entscheidungen zur Unterstützung seines Landes unterrichtet, schrieb Selenskyj auf Twitter.
Für die geplanten zwei Leopard-2-Bataillone für die Ukraine will Deutschland "in einem ersten Schritt eine Kompanie mit 14 Leopard-2-A6-Panzern" der Bundeswehr zur Verfügung stellen, wie die Bundesregierung erklärte. Bei der Bundeswehr besteht ein Leopard-2-Bataillon aus 44 Panzern. Zwei Bataillone wären damit rechnerisch 88 Panzer.
Weitere europäische Partner würden "ihrerseits Panzer vom Typ Leopard 2 übergeben", hieß es weiter. Deutschland werde den Partnerländern "die entsprechenden Genehmigungen zur Weitergabe erteilen".
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, der gedroht hatte, notfalls auch ohne deutsche Genehmigung Leopard-Panzer an die Ukraine abzugeben, dankte Scholz. Die deutsche Entscheidung sei "ein großer Schritt" dahin, die russische Invasion zu stoppen, schrieb er auf Twitter. Auch Spanien erklärte sich am Mittwoch zur Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern bereit.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schrieb auf Twitter, die deutsche Entscheidung könne zum Sieg der Ukraine über die russischen Truppen beitragen. Sie erfolge in einem "kritischen Moment" des Krieges.
"Das ist ein wichtiger 'Gamechanger' möglicherweise in diesem Krieg oder in dieser Kriegsphase", sagte auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Erste Panzer aus Deutschland sollen demnach in etwa drei Monaten in der Ukraine eintreffen. Die Bundeswehr werde nun "sehr schnell" mit der Ausbildung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten beginnen. Zu dem Unterstützungspaket gehören laut Bundesregierung "neben der Ausbildung auch Logistik, Munition und Wartung der Systeme".
Der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, nannte die Entscheidung "extrem gefährlich". Sie werde "den Konflikt auf eine neue Ebene der Konfrontation führen", erklärte er im Onlinedienst Telegram. Der Westen befinde sich in einer Logik der "permanenten Eskalation".
In Deutschland hatten auch die Koalitionspartner Grüne und FDP in den vergangenen Woche massiv für die Lieferung von Leopard-Panzern geworben. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte Scholz' Schritt nun "absolut folgerichtig". Er warb gleichzeitig für "Respekt" für diejenigen, "die sich schwer tun mit solchen Entscheidungen".
FDP-Chef Christian Lindner hob hervor, dass sich auch die USA an der Bereitstellung von Kampfpanzern beteiligten. "Zu dieser Gemeinsamkeit hat die deutsche Diplomatie beigetragen", schrieb der Bundesfinanzminister auf Twitter.
Die Union begrüßte die Entscheidung. Sie komme allerdings zu spät, sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei dem RBB. "Das lange Zögern und Zaudern hat natürlich auch Menschenleben in der Ukraine gefordert."
G.Vogl--MP