Aufenthaltsrecht: Regierung geht gegen Missbrauch durch Scheinvaterschaften vor
Zur Eindämmung von irregulärer Migration und Sozialbetrug will die Bundesregierung Missbrauch durch die Anerkennung von Vaterschaften unterbinden. Die Bundesministerien für Justiz und Inneres legten dazu am Dienstag einen gemeinsamen Gesetzentwurf für ein verschärftes Prüfverfahren vor. Schon bei einem theoretisch möglichen Missbrauch soll die Anerkennung eines Kindes demnach künftig nicht mehr ohne Zustimmung der Ausländerbehörden erfolgen können.
"Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen sind ein Einfallstor für irreguläre Migration, für illegale Einwanderung in die sozialen Sicherungssysteme", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zu dem Vorhaben, das noch vor der Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden soll. "Der Trick mit den falschen Vätern kostet unsere Sozialkassen jedes Jahr horrende Summen."
Die Ministerien verweisen auf Fälle, in denen Männer die Vaterschaft für ein Kind anerkennen, zu dem sie keine genetische oder sozial-familiäre Beziehung haben. Sie beabsichtigten demnach auch gar nicht, ein Verhältnis zu dem Kind aufzubauen. Es gehe "ausschließlich darum, dass jemand, der darauf eigentlich keinen Anspruch hat, ein Aufenthaltsrecht bekommt". Denn durch die Anerkennung erwerbe das Kind vom Vater die deutsche Staatsbürgerschaft. Oft fließe hier "im Gegenzug Geld".
Die Anerkennung hat dabei oft nicht nur Folgen für den Status des Kindes. Auch die Mutter und gegebenenfalls auch Geschwister können dadurch ein Aufenthaltsrecht und Anspruch auf Sozialleistungen in Deutschland bekommen.
Den Ministerien zufolge haben die Ausländerbehörden zwischen Januar 2018 und Dezember 2021 1769 mögliche Missbrauchsfälle bearbeitet. Rund 290 davon wurden dann als missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung bewertet. Weitere 1800 Fälle wurden in den deutschen Auslandsvertretungen geprüft, dort allerdings mit einer sehr geringen Missbrauchsquote. Beide Ministerien gehen aber insgesamt von einer hohen Dunkelziffer aus.
Schon bisher kann das Anerkennungsverfahren ausgesetzt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch vorliegen. Solche Fälle würden bisher aber oft nicht rechtzeitig erkannt, heißt es aus den Ministerien. Denn derzeit liege die Hauptlast für das Erkennen von Missbrauchsgefahr bei der Stelle, die die Vaterschaftsanerkennung beurkundet, also bei Jugendämtern oder Notaren. Für diese seien missbrauchsrelevante Informationen allerdings nur schwer ermittelbar.
Deshalb würden Missbrauchsfälle oft erst zu spät erkannt und Anerkennungsverfahren nicht ausgesetzt, heißt es. Eine nachträgliche Korrektur einer anerkannten Vaterschaft sei dann nicht mehr möglich.
Nach der geplanten Gesetzesänderung soll fortan das Standesamt festlegen, ob ein möglicher Prüffall für die Ausländerbehörden vorliegt. Dies wäre automatisch der Fall, wenn Vater und Mutter einen unterschiedlichen Aufenthaltsstatus haben - etwa in einem Fall die deutsche Staatsbürgerschaft und im anderen nur ein Touristenvisum.
"Immer dann, wenn auch nur die abstrakte Möglichkeit besteht, dass eine Vaterschaftsanerkennung missbräuchlich ist, muss die Ausländerbehörde der Anerkennung der Vaterschaft zustimmen", fasste Buschmann zusammen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Behörden mit dieser Lösung nach mehreren gescheiterten Reformversuchen "der Praxis missbräuchlicher Scheinvaterschaften das Handwerk legen können". Die Pläne zeigten zugleich, dass die Bundesregierung weiter "den Weg einer neuen Realpolitik auf dem Gebiet der Migration" verfolge.
E.Schmitt--MP