Wirtschaftsweise Schnitzer warnt wegen Grimms Posten vor Glaubwürdigkeitsverlust
Die Vorsitzende der sogenannten Wirtschaftsweisen sorgt sich angesichts der Berufung des Gremiummitglieds Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy um die Glaubwürdigkeit des Sachverständigenrats. "Es ist unglücklich, dass die Diskussion in der Öffentlichkeit so einen breiten Raum einnimmt und von inhaltlichen Fragen ablenkt", sagte Monika Schnitzer der "Zeit" vom Wochenende. "Wir müssen sicherstellen, dass unsere Einschätzungen als unbeeinflusst gelten."
Die Unabhängigkeit sei das "allerhöchste Gut" des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, sagte Schnitzer. Das Gremium, das die Regierung berät, müsse vermeiden, "dass auch nur der Anschein eines Interessenkonflikts entsteht". Die Politikberatung gerate in schwieriges Fahrwasser und laufe Gefahr, nicht ernst genommen zu werden, wenn sie nicht als unabhängig wahrgenommen werde.
Seit Monaten ebbt die Diskussion ums Grimms Posten nicht ab, Fragen dazu beherrschten auch die Vorstellung des Frühjahrsgutachtens der Wirtschaftsweisen in der vergangenen Woche. Grimm hatte in dem Gutachten ein Minderheitsvotum zum Thema Wasserstoff abgegeben - in dem Bereich ist Siemens Energy tätig.
Siemens Energy hatte Grimm Anfang März trotz anhaltender Kritik in seinen Aufsichtsrat berufen. Die übrigen vier Mitglieder warfen ihr einen möglichen Interessenkonflikt vor und legten ihr nahe, den Sachverständigenrat zu verlassen. Grimm lehnte das ab und verwies auf frühere Fälle, in denen Wirtschaftsweise zugleich auch Aufsichtsratsposten innehatten. Das Gremium wiederum argumentierte, die Sensibilisierung für Compliance-Themen habe zugenommen.
D.Richter--MP