Studie vor EU-Wahl: Knapp die Hälfte der Firmen macht sich offen gegen AfD stark
Unternehmen geben sich üblicherweise unpolitisch - viele deutsche Firmen haben sich jedoch im Vorfeld der Europawahl öffentlich oder zumindest intern gegen die AfD positioniert. Wie eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ergab, äußerten sich zuletzt knapp über 47 Prozent der befragten Unternehmen öffentlich gegen die Partei, gut 54 Prozent berichteten von einer entsprechenden betriebsinternen Positionierung.
Wie die Umfrage des arbeitgebernahen Instituts unter 905 Unternehmen weiter ergab, verneinten über zwei Drittel die Frage, ob sie einige Positionen der Partei sinnvoll oder grundsätzlich vertretbar finden, 23 Prozent bejahten dies. Die Firmen fürchten laut IW vor allem um die EU und den Euro - Teile der Partei sprechen sich für eine Abkehr aus - aber auch um den Wirtschaftsstandort Deutschland und die politische Kultur.
So sehen laut der Umfrage 77 Prozent der befragten Firmen beim Bestand der EU und der Gemeinschaftswährung ein Risiko durch die AfD. Das Institut hatte kürzlich berechnet, dass ein Dexit, also Deutschlands Austritt aus der EU zu einem Verlust der Wertschöpfung in Höhe von 690 Milliarden Euro allein in den ersten fünf Jahren führen würde. Zusätzlich könnten der Exportnation Deutschland rund 2,5 Millionen Jobs verloren gehen.
Um eine konstruktive politische Kultur sorgen sich laut der Umfrage 75,1 Prozent. Außerdem sehen 72,9 Prozent bei einem langfristigen Erstarken der AfD Risiken für die Fachkräftesicherung, 69,1 Prozent für den Wirtschaftsstandort und 63,4 Prozent für den Zusammenhalt in den Belegschaften.
"Die Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen in dieser wichtigen Frage ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden", erklärte Studienautor Matthias Diermeier. Die überwiegende Mehrheit sei sich der Risiken einer Erstarkung der AfD sehr bewusst. "Das macht Mut."
Die Chefs der Konzerne Siemens und Mercedes warnten unterdessen im Vorfeld der Europawahl ebenfalls vor der Bedrohung durch Populisten und Extremisten und forderten ihre Belegschaften zur Stimmabgabe auf. "Wir müssen jetzt aufstehen und einschreiten", sagte Siemens-Chef Roland Busch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Extremismus und Rassismus gefährdeten den Zusammenhalt der Gesellschaft. "Es werden einfache Antworten auf komplexe Fragen gegeben, Antworten, die so nie funktionieren werden."
"2024 würde bei uns kein einziges Auto vom Band laufen ohne Menschen mit Migrationshintergrund", sagte auch Mercedes-Chef Ola Källenius. Ein Dexit wäre eine "wirtschaftliche Katastrophe", sagte er der Zeitung. "Wir müssen deutlich machen, wie gefährlich eine solche Politik wäre." Als Exportnation könne sich Deutschland "ein Abkapseln nicht leisten". Das würde das Land schwächen und Arbeitsplätze kosten.
G.Loibl--MP