Studie: 2023 war außergewöhnlich intensives Streikjahr
Streiks bei der Bahn, an den Flughäfen, in Unikliniken: 2023 war ein konfliktintensives und laut Arbeitsmarktforschern "außergewöhnliches Arbeitskampfjahr". Wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung am Donnerstag mitteilte, erhöhte sich im vergangenen Jahr verglichen mit 2022 sowohl die Zahl der Arbeitskämpfe als auch der durch Streiks ausgefallenen Arbeitstage. Der Höchststand von 2015 wurde dennoch nicht erreicht.
Das WSI registrierte in seiner Bilanz im vergangenen Jahr 312 Arbeitskämpfe - 87 mehr als im Vorjahr, das bereits ein konfliktintensives Jahr war. Rechnerisch fielen dadurch 1,527 Millionen Arbeitstage aus, mehr als doppelt so viele wie 2022. Diese hohe Zahl lag vor allem daran, dass mehrfach über 24 Stunden und länger die Arbeit niedergelegt wurde. Bei den Streikteilnehmenden gab es hingegen einen Rückgang auf 857.000 - nach rund 930.000 im Jahr zuvor.
Gründe für die hohe Streikbereitschaft im vergangenen Jahr waren nach Einschätzung der Forschenden die "außergewöhnlich starke Inflation und dadurch verursachte Reallohnverluste". Hinzu kam demnach, dass sich die Arbeitsmarktlage in vielen Bereichen zugunsten der Beschäftigten verschoben und damit deren Verhandlungsposition "deutlich verbessert" habe. An das Rekordniveau von 2015, als über 1,13 Millionen Menschen streikten und gut zwei Millionen Arbeitstage ausfielen, reichten die Zahlen aber nicht heran.
Auch 2024 könnte laut WSI ein streikintensives Jahr werden. Einige Konflikte des vergangenen Jahres hätten sich bis in dieses Jahr fortgesetzt, außerdem stehe im Herbst die Tarifrunde in der bedeutenden Metall- und Elektroindustrie an. Vieles werde davon abhängen.
Im internationalen Vergleich bewegt sich Deutschland indes den Forschenden zufolge eher "im unteren Mittelfeld". So fielen nach den neuesten vorliegenden Zahlen im mehrjährigen Mittel in Belgien 103 Arbeitstage pro 1000 Beschäftigte aus, in Kanada waren es 83 Tage und in Dänemark 53 Tage - in Deutschland hingegen nur 18 Tage.
G.Loibl--MP