Rund 40 Prozent der Acht- und Neunjährigen mit kieferorthopädischem Behandlungsbedarf
Etwa 40 Prozent der acht- und neunjährigen Kinder in Deutschland haben nach Angaben von Fachverbänden einen kieferorthopädischen Behandlungsbedarf, der therapiert werden sollte. Darauf weisen das Institut der Deutschen Zahnärzte und mehrere Verbände in einer am Freitag in Berlin veröffentlichten Studie hin. Es gebe in in diesem Bereich "keine Unter- oder Überversorgung".
Der kieferorthopädische Behandlungsbedarf mit Zahnspangen oder Brackets sei "über viele Jahre konstant geblieben", erklärte Wolfgang Eßer, Vorstandschef der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. Kinder und Jugendliche mit Zahn- und Kieferfehlstellungen hätten mehr Schwierigkeiten beim Kauen und öfter Schmerzen im Mund, was mit einer Einschränkung der Lebensqualität einhergehe. Zudem finde sich bei den Betroffenen ein deutlich höherer Anteil an kariösen Zähnen als bei Kindern ohne kieferorthopädischen Behandlungsbedarf.
Nach Angaben von Konstantin von Laffert, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), wird bei Acht- und Neunjährigen nicht immer eine kieferorthopädische Behandlung vorgenommen, auch wenn diese medizinisch angezeigt sei, aber nicht von den Kassen übernommen werde. Diese Patientengruppe gehe die Korrektur dann oft im jungen Erwachsenenalter an, etwa mit unsichtbaren Zahnschienen, sogenannten Aligner.
Dieses Feld der Zahnbehandlung hätten zunehmend Start-Ups für sich entdeckt, welche die Zielgruppe mit dem Versprechen günstiger Preise umwerben. Laffert warnte allerdings vor einer mangelnden Qualität. Patienten würden teilweise ohne ordentliche Befunde und per Handyfoto, mit denen der Behandlungsfortschritt dokumentiert werden soll, behandelt. "Das kann zu großen zahnmedizinischen Problemen führen", kritisierte der BZÄK-Vize.
Zahn- und Kieferfehlstellungen gehören neben Karies und Parodontalerkrankungen zu den häufigsten Problemen der Mundhöhle. Für die Studie wurden von Januar bis März 2021 bundesweit rund 700 Kinder im Alter von acht und neun Jahren wissenschaftlich untersucht. Der Bundesrechnungshof bemängelte 2018, dass der Nutzen der Leistungen nicht hinreichend belegt sei und dass es zu wenig Transparenz beim Behandlungsgeschehen gebe.
F.Hartmann--MP