Heil verteidigt Bürgergeld als "Beitrag zum sozialen Zusammenhalt"
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat das geplante Bürgergeld bei der ersten Debatte im Bundestag verteidigt. Es gehe um Hilfe für Menschen in Not und zugleich um "dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt", sagte er am Donnerstag. Die Unionsfraktion beklagte, dass die Sanktionen gegen Betroffene abgemildert werden sollen, die Linke hält die geplanten höheren Regelsätze weiter für viel zu niedrig.
Das Bürgergeld soll zum Jahreswechsel das bisherige Hartz-IV-System ersetzen. Vorgesehen sind eine Anhebung der Regelsätze und bessere Zuverdienstmöglichkeiten sowie mehr Hilfen für Qualifizierung und Weiterbildung.
Die bisherigen Sanktionen, also Leistungskürzungen bei bestimmten Versäumnissen, bleiben in abgemilderter Form erhalten. Besonders in den ersten sechs Monaten sind sie nur eingeschränkt möglich. Neu ist außerdem eine Karenzzeit von zwei Jahren, in denen kleinere Vermögen nicht angetastet werden und die Angemessenheit der Wohnung nicht überprüft wird.
Der "Geist des Bürgergeldes" sei "der Geist der Ermutigung und der Befähigung", sagte Heil im Bundestag. Damit werde das Bürgergeld auch einen "Beitrag zum sozialen Zusammenhalt" leisten.
Die Reform verfolge zwei zentrale Ziele, sagte der Minister. Zum einen wolle die Regierung "Menschen verlässlich absichern, die in existenzielle Not geraten sind". Zweitens, "und das ist mir noch wichtiger", solle dafür gesorgt werden, "dass Menschen dauerhaft aus der Not wieder herauskommen", fuhr Heil fort. Deshalb werde das Thema Qualifizierung in den Vordergrund gerückt. Es gehe "um gute Arbeit statt Hilfsjobs".
Die Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmeke betonte ebenfalls, es sei wichtig, "dass wir die Menschen, die lange arbeitslos sind, unterstützen und stärken". In der Betreuung der Betroffenen werde "Augenhöhe und Vertrauen" geschaffen. "Wir stellen Qualifizierung, Weiterbildung, Ausbildung in den Mittelpunkt."
Die Union äußerte scharfe Kritik. Die Koalition wolle "mehr Leistung und deutlich weniger Mitwirkungspflichten und weniger Vermittlung in Arbeit", sagte der CSU-Politiker Stephan Stracke. "Statt Motivation setzen Sie auf unverbindliche Kooperation", sagte er mit Blick auf die sechs Monate ohne harte Sanktionen. "Das geht vollkommen in die falsche Richtung." Das Bürgergeld sei zumindest ein halbes Jahr lang "im Kern ein bedingungsloses Grundeinkommen".
Der FDP-Politiker Jens Teutrine wies dies vehement zurück. "Die Sanktionen werden zum allergrößten Teil beibehalten" und in den sechs Monaten zu Beginn "können Meldeversäumnisse ebenfalls sanktioniert werden", betonte er. "Hören Sie auf, auf Grundlage falscher Fakten in der Öffentlichkeit Stimmung zu machen", rief er der Union zu.
Die AfD-Abgeordnete Gerrit Huy bezeichnete das Bürgergeld als "nichts anderes als ein aufgeweichtes Hartz IV, und schon das hat nicht funktioniert". Die Linke-Politikerin Jessica Tatti urteilte, es handele sich zwar um "das erste Gesetz zur Änderung von Hartz IV, das nicht alles noch schlimmer macht, sondern einige Verbesserungen auf den Weg bringt". Die angekündigte "Überwindung" von Hartz IV sei das Bürgergeld aber nicht.
Tatti kritisierte insbesondere die geplanten Regelsätze als zu niedrig. "Mit diesem Gesetzentwurf bleiben die Betroffenen so arm und genauso im Abseits wie zuvor", sagte sie.
Der Bundestag befasste sich am Donnerstag noch mit weiteren Sozialleistungen: Das Plenum diskutierte erstmals über die Wohngeldreform. Geplant ist, die Sätze zu erhöhen und den Kreis der Berechtigten auszuweiten. Außerdem soll an jetzige Wohngeldbeziehende im Winter ein zweiter Heizkostenzuschuss ausgezahlt werden.
F.Koch--MP