Debatte um Entlastungen in Energiepreiskrise hält unvermindert an
Die Debatte um Entlastungsmaßnahmen in der Energiepreis- und Inflationskrise hält an. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisierte die von der Regierung geplante Gaspreisbremse am Wochenende als unzureichend und forderte weitere milliardenschwere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm rief die Bundesregierung dazu auf, den Menschen "die Dramatik" der Preisentwicklung am Gasmarkt deutlicher zu machen.
"Eine einmalige Entlastung nur im Dezember reicht doch nicht. Wenn die Preise teilweise um das Zehnfache steigen, hilft es wenig, wenn Sie nur für einen von fünf Wintermonaten nichts bezahlen müssen", sagte Söder der "Bild am Sonntag". Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende forderte zudem Entlastungen für Menschen, die mit Öl, Holz oder Pellets heizen. "Wir dürfen in Deutschland keine Heizungen erster und zweiter Klasse bekommen."
Ihm fehle eine rasche Umsetzung der Gaspreisbremse und "eine Entlastung der Bürger schon im Oktober und November", fügte Söder an. Außerdem verlangte der CSU-Chef massive Senkungen der Mineralöl- und Stromsteuer sowie eine Deckelung bei den Ölpreisen. Notwendig sei auch "ein spezielles Programm für Bäcker, Metzger und unzählige andere kleine Handwerksbetriebe des Mittelstandes".
Ähnlich wie Söder warnte auch der Sozialverband VdK davor, Entlastungen für Menschen mit Öl- oder strombetriebenen Nachtspeicherheizungen zu vergessen. Es dürfe nicht sein, dass "Menschen im Kalten sitzenbleiben, weil ihnen das Geld für die hohen Rechnungen oder Abschlagszahlungen fehlt", sagte dessen Vorsitzende Verena Bentele dem Magazin "Focus". Auch die Preise für Heizöl und Abschläge für Strom sowie Nachtspeicherheizungen stiegen deutlich an.
Die Bundesregierung hat in der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelösten Energiepreiskrise drei Entlastungspakete beschlossen und arbeitet an einer Gaspreisbremse. Die von der Regierung eingesetzte Gas-Kommission hat dafür ein zweistufiges Modell zur Entlastung von Privathaushalten und Unternehmen vorgeschlagen, über das nun beraten wird.
Dem Kommissionsvorschlag zufolge soll der Staat im Dezember einmalig die Gas-Monatsrechnung für Haushalte und Gewerbe übernehmen. In einem zweiten Schritt sollen zwischen März 2023 und Ende April 2024 die Preise für 80 Prozent eines Grundkontingents auf zwölf Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden. Für den Rest würde der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis gelten.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm forderte die Bundesregierung auf, die Bürgerinnen und Bürger besser über das Ausmaß der Gaspreiserhöhungen zu informieren. "Die Politik muss den Bürgern viel klarere Informationen zur Dramatik der Lage der Gaskunden geben", sagte sie der "Bild am Sonntag".
"Der Staat muss jetzt die Spitze der Mehrbelastung abfedern, einen Teil müssen aber die Bürger stemmen", fügte sie an. Es rolle "eine Kostenlawine" auf die Menschen zu. Großhandelspreise für Gas hätten sich verzehnfacht.
Kritik an der Entlastungsstrategie der Regierung kam von der ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann. Diese sprach in der "Bild am Sonntag" von einer ungerechten Verteilung mit der Gießkanne und forderte Wohlhabendere dazu auf, Zahlungen zu spenden.
So kämen etwa Menschen in den Genuss der Gaspreisbremse, die darauf finanziell nicht angewiesen seien, schrieb sie. "Wenn der Regierung nichts anderes einfällt, als Geld mit der Gießkanne an alle Bürger zu verplempern, dann haben die Wohlhabenden die Pflicht, selbst etwas für Gerechtigkeit zu tun."
A.Weber--MP