EU-Automarkt erholt sich von Corona-Krise - Einbruch wegen Inflation befürchtet
Der Automarkt in Europa hat sich von den massiven Lieferkettenproblemen weitgehend erholt, die Hersteller stellen sich jedoch auf die nächste Krise ein. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Neuzulassungen den zweiten Monat in Folge, wie der europäische Herstellerverband Acea am Dienstag mitteilte. Besonders stark zogen die Zulassungen von Elektroautos an. Insgesamt liegt das Absatzniveau aber weiterhin unter den Zahlen vor der Corona-Pandemie und wegen des Konjunktureinbruchs wird mittelfristig mit einem erneuten Rückgang gerechnet.
Im August hatte der Verkauf von Neuwagen in Europa nach 13 Monaten erstmals wieder leicht zugenommen. Dieser Trend setzte sich im September fort: Im Jahresvergleich wurden in den EU-Ländern zehn Prozent mehr Neuwagen zugelassen. Insgesamt rechnet Acea dennoch damit, dass das Geschäftsjahr 2022 noch schlechter ausfallen wird als 2021.
Im Ländervergleich machte der Neuwagenmarkt in Deutschland mit einem Absatzplus von 14,1 Prozent den größten Sprung. Auch Spanien verzeichnete mit 12,7 Prozent ein starkes Plus. Unterdurchschnittlich fiel das Wachstum hingegen in Frankreich (5,5 Prozent) und Italien (5,4 Prozent) aus. In den ersten neun Monaten des Jahres gingen die Neuzulassungen in der gesamten EU im Jahresvergleich um 9,9 Prozent zurück.
Wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mitteilte, nahm in Deutschland vor allem der Anteil der neu zugelassenen E-Autos stark zu. "45,3 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen im Jahr 2022 waren mit alternativen Antrieben ausgestattet", teilte die Behörde mit. Knapp die Hälfte aller neu zugelassenen Autos mit alternativem Antrieb entfällt demnach auf Importmarken, allen voran auf den US-Hersteller Tesla.
Deutschland- und europaweit ist dennoch nach wie vor der Volkswagen-Konzern der absatzstärkste Hersteller und die Wolfsburger verzeichneten im September laut Acea einen starken Zuwachs, insbesondere bei den Marken Skoda, Audi und Porsche. Die europäische Nummer zwei, Stellantis, fiel hingegen zurück, besonders die Marken Jeep, Fiat und Citroën. Die Renault-Gruppe schlug sich dank der Marke Dacia verhältnismäßig gut.
Ab Frühjahr 2021 hatten logistische Probleme dem Automobilmarkt in Europa und Nordamerika zu schaffen gemacht, etwa ein Mangel an Halbleitern. Peter Fuß, Experte bei der Beratungsfirma EY, sieht nun eine zumindest vorübergehende europaweite Erholung. "Der Chipmangel lässt nach, die Liefersituation verbessert sich", erklärte er. "Das dürfte nicht zuletzt an der sinkenden Nachfrage in anderen Branchen liegen, die stark von der Konjunkturschwäche betroffen sind."
Aus den vergangenen Monaten gebe es noch ein "komfortables Polster" an Bestellungen abzuarbeiten, weshalb die Zahl der Neuzulassungen weiter steigen dürfte, erklärte Fuß. Mittelfristig dürften sich "Konjunktureinbuch, Energiekrise und Inflation" aber auch auf dem Neuwagenmarkt bemerkbar machen.
International liegen unter den großen Automobilmärkten lediglich der chinesische und der indische deutlich über Vor-Corona-Niveau. In diesem Jahr nahmen in China die Neuzulassungen um 15 Prozent zu, in Indien um 23 Prozent, wie der deutsche Verband der Automobilindustrie mitteilte.
In den USA gingen demnach die Neuzulassungen im Jahresvergleich um 13 Prozent zurück und somit noch stärker als in der EU. Japan verzeichnete ein Minus von elf Prozent - dort fiel auch der Absatz im September deutlich geringer aus als im Vorjahresmonat (minus 26 Prozent). In Russland brach der Automarkt in diesem Jahr um 60 Prozent ein.
A.Weber--MP