Disney holt früheren Konzernchef Bob Iger zurück an die Spitze
Der US-Unterhaltungskonzern Disney hat mit sofortiger Wirkung den langjährigen Unternehmensführer Bob Iger zurück an die Spitze geholt. Disney trete in eine "zusehends komplexere Phase des Wandels" in der Branche ein und Iger sei besonders dafür geeignet, den Konzern dabei zu lenken, teilte der Unterhaltungsriese am Sonntag (Ortszeit) mit. Er löst seinen eigenen Nachfolger Bob Chapek nach nur zwei Jahren wieder ab und soll dem Konzern neuen Schwung verleihen.
Der Wechsel geht auf eine Entscheidung des Verwaltungsrats zurück. Iger - inzwischen 71 Jahre alt - will nun den Angaben zufolge mindestens für zwei Jahre an die Disney-Spitze zurückkehren und eine neue Wachstumsstrategie entwerfen. Gemeinsam mit dem Gremium soll dann nach einem neuen Nachfolger für ihn gesucht werden. Er fühle sich "zutiefst geehrt", diese Rolle noch einmal wahrnehmen zu dürfen, erklärte Iger.
Chapek war erst vor zwei Jahren zu Beginn der Corona-Krise auf Iger gefolgt. Er steuerte Disney durch die Pandemie, als Vergnügungsparks und Kinos weltweit schließen mussten, und trieb die Ausweitung des Streamingdienstes Disney+ voran. Doch der Markt ist hart umkämpft, die Gesamtumsätze von Disney enttäuschten zuletzt.
Anleger zeigten sich auch besorgt über die hohen Kosten des Konzerns. Nach der Veröffentlichung der jüngsten Geschäftsergebnisse Anfang November gab die Aktie um mehr als 13 Prozent nach, seit Jahresbeginn verlor sie 41 Prozent an Wert. Erst vergangene Woche kündigte Chapek Sparmaßnahmen im gesamten Unternehmen an und schloss auch Entlassungen nicht aus.
Geprägt war Chapeks kurze Zeit an der Konzernspitze auch vom Streit über ein umstrittenes Gesetz zum Grundschulunterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität im US-Bundesstaat Florida, wo Disney einen großen Vergnügungspark betreibt. Das Gesetz verbietet Unterricht an Grundschulen über solche Themen und wurde von Aktivisten "Sag nicht schwul"-Gesetz getauft. Auf Druck von Beschäftigten verurteilte auch Chapek schließlich das Gesetz und stoppte alle politischen Spenden seines Unternehmens in Florida.
Daraufhin verlor der Freizeitpark "Disney World" in Orlando sein Selbstverwaltungsrecht im sogenannten Reedy Creek Improvement District. Dieser Bezirk war 1967 durch Floridas Parlament geschaffen worden, um den Bau des weltberühmten Vergnügungsparks zu erleichtern. Das Gebiet ist etwa hundert Quadratkilometer groß und umfasst zwei Städte. Disney regiert den Bezirk, treibt Steuern ein und ist zuständig für die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger, also etwa für Müll und Abwasser. Dieser Status soll nun im Juni 2023 auslaufen.
Disney machte nun keine öffentlichen Angaben darüber, weshalb der langjährige Disney-Mitarbeiter Chapek den Chefposten verlässt. Das 1923 gegründete Unternehmen dankte ihm für seine Arbeit.
Iger hatte ab 2005 insgesamt 15 Jahre lang an der Firmenspitze gestanden. Unter seiner jahrelangen Führung baute der Konzern seine Dominanz im Kinogeschäft kontinuierlich aus und stieg ins Streaminggeschäft ein. Disney übernahm außerdem wesentliche Teile der 21st-Century-Fox-Group des Medienmoguls Rupert Murdoch, darunter die Filmproduktionsgesellschaft.
R.Schmidt--MP